Liebe Forengemeinde,
zu mir: ich bin 27 und männlich. Ich
habe in den letzten Tagen und Wochen auch vermehrt in diesem Forum
gelesen und für mich festgestellt, dass ich dann am besten mit
meinen Gedanken umgehen kann, wenn ich Gelegenheit habe, sie mit
jemandem zu teilen.
Folgende Situation (ich muss weiter
ausholen): Schon seit langem finde ich eine Freundin wirklich
interessant und begehrenswert, doch war sie immer – da sie die
Freundin eines meiner ehemals besten Freunde war – unerreichbar.
Mehr als einmal hab ich mich dabei ertappt, dass ich ihr abends immer
wieder Blicke zuwerfen musste und einfach nicht von ihr loskam. Nun
muss man hinzufügen, dass die Beziehung zwischen ihm und ihr schon
seit langem nicht mehr sonderlich intensiv war und sie und ich uns
immer mehr (zunächst auf rein freundschaftlicher Ebene) angenähert
haben. Irgendwann trennten die beiden sich dann tatsächlich und ich
erlaubte mir erstmalig Gedanken daran, was wäre wenn (die gabs auch
vorher schon, aber eben nicht ernsthaft)... Ich war im Vorfeld
mehrfach enttäuscht worden (hatte Anzeichen von Frauen falsch
gedeutet und war seit 3 Jahren Single) und glaubte nicht daran, dass
es mit ihr klappen könnte (zumal sie für mich immer fast ne Art
Idealbild war – nicht nur äußerlich und charakterlich – sie
teilt sogar noch all meine Interessen 0.0). Wie dem auch sei: Eines
Tages rief sie mich an und meinte, sie müsse mit mir reden. Worum
gings? Nun... dass auch sie sich Gedanken darum macht, ob das, was da
zwischen uns ist (oft zusammensein, bei einander schlafen, sich im
Arm halten) doch mehr zu bedeuten hat. Wir gestanden uns beide unsere
Gefühle und ich war der verdammt nochmal glücklichste Mensch auf
Erden – ich war endlich nicht mehr allein und bekam doch
tatsächlich genau das Mädchen ab, welches ich solange toll fand.
Und wo genau ist jetzt das Aber? Nun... es kommt:
Zu Anfang unserer Beziehung (zur
besseren Einordnung: vor einem Monat) gabs eine kurze Phase sexueller
„Schwierigkeiten“ - ich war nicht immer so erregt, wie ichs von
meiner letzten Beziehung kannte und zweifelte schon an meiner
Männlichkeit – doch wie aus dem Nichts, wurde die Phase überwunden
und alles lief wieder gut – sogar besser als gedacht

. Doch eines
Abends – ich hatte alleine viel gekifft (das tue oder tat ich
vielleicht alle 1-2 Monate) – erlaubte ein Freund sich einen
Facebook-Scherz und änderte mein Profilbild zu einem „schwulen
Weihnachtsmann“. Als ich mich darüber tierisch aufregte, sagte er
(sinngemäß) folgenden Satz: „Vielleicht verdrängst du ja nur
etwas, das du schon längst bist...“. Nun meinte er damit nicht
„schwul“, sondern „spießig“, da wir im Vorfeld schon im Spaß
darüber gesprochen hatten, dass ich ganz schön alt und spießig
geworden wäre. Doch diese Aussage erschütterte mich unglaublich.
Mir wurde fast schwarz vor Augen und ich glaubte nicht mehr atmen zu
können (denn ich fasste sie natürlich anders auf). Der Gedanke
beschäftigte mich einen Tag lang und wurde wieder schwächer. Alles
war wieder gut – ich dachte mir; „Jeder denkt mal so etwas und
was is so schlimm dran auch nen Mann attraktiv zu finden? Du liebst
dein Mädel und gut is“.
So ging alles gut, bis ich vor ziemlich
genau zwei Wochen bei ihr schlief und nicht einschlafen konnte (ich
musste morgens zwei Stunden Autofahren und wir gingen erst spät zu
Bett – ich hatte Angst morgens nicht fit zu sein). Nach einigen
wachen Stunden im Bett, kehrten plötzlich diese Gedanken zurück:
Bin ich schwul? Warum belastet es mich manchmal, wenn Männer in
meinem Umfeld sind? Es ging so weit, dass ich sie Nachts in der Arm
nahm und sie sich ganz fremd anfühlte – ich ekelte mich vor mir
selbst, der ich sie doch liebte und sie so noch nie angefasst hatte.
Auch das Gefühl verging gott-sei-dank sehr schnell und ich wusste
wieder, dass alles in Ordnung ist. Leider geschah dann folgendes: Ich
konnte eine ganze Woche lang nicht schlafen, zunächst aus der Angst
heraus nicht schlafen zu können und dann bedingt durch die
einsetzenden Zwangsgedanken. Was mich dabei ungemein irritierte: Ich
habe und hatte mir noch nie irgendetwas Sexuelles mit einem Mann
vorgestellt und auf dieser Ebene ziehen mich Männer auch nicht an
(das hat sich auch durch die Gedanken nicht geändert). Der Gedanke
ist auch nicht: „Ich will mit Männern zusammen sein“, sondern
schlicht: „Ich bin schwul“ (und auch nicht mit den typischen
Bildern usw. verbunden). Nach einer Leidenswoche ohne Schlaf
vertraute ich mich meiner Freundin an. Sie war verständnisvoll, aber
natürlich auch verunsichert (doch war sie vor allem einfach für
mich da). Sie meinte dann auch, ich solle zu nem Arzt gehen, der mir
eventuell helfen könnte (insbesondere wegen der extremen
Schlafstörungen). Der Hausarzt, bei dem ich einen unglaublich
verwirrten und verängstigten Eindruck machte, verwies mich an einen
befreundeten Psychologen, bei dem ich noch am selben Tag auflaufen
konnte.
Nun geschah folgendes: Bedingt durch
das Reden gings mir zunächst deutlich besser. Auch Schlaf war wieder
möglich – dank vorübergehend verabreichter Beruhigungsmitteln
(die ich inzwischen wieder abgesetzt habe). Mir meiner Freundin
zusammen hatte ich eines der sexuell aktivsten Wochenenden unserer
noch jungen Beziehung und alles schien sich irgendwie wieder
einzurenken – doch dann kam der für mich schlimmste Gedanke hinzu:
Ich bekam unfassbare Angst meine Freundin anzulügen, mich von ihr
trennen zu können und sie in Wirklichkeit gar nicht zu lieben –
eben weil ich mich manchmal unwohl in der Umgebung von Männern
fühlte. Ich versuchte alles mir meine Liebe zu beweisen und war so
verzweifelt, dass ich ihr zuletzt auch diesen Gefühlstiefpunkt
eingestand. Der verunsicherte sie natürlich extrem, was mir wiederum
so weh tat, dass ich gerade an nem Punkt bin, wo mein Herz sich
einfach nur verkrampft, wenn ich daran denken muss, mich von der Frau
zu trennen, um die ich so lange gekämpft habe, die ich über alles
liebe und bei der ich mich so wohl fühle, wie sonst nirgends...
Diese Zweifel machen mich krank – ich
kannte so etwas an mir nie – ich war immer ein ausgeglichener
Mensch, der das Leben und das Zusammensein mit Menschen liebte. Jetzt
scheue ich mich vor der Öffentlichkeit (und das alles – in dieser
Radikalität – innerhalb von nur zwei Wochen -.-) und bange um
meine Liebe, die doch alles ist, was ich wollte... Außerdem
überwältigt mich schier der Schmerz, wenn ich daran denke, wie sehr
ich sie verletzten könnte, wenn ich dem für mich unverständlichen
Gedanken um Trennung nachgeben würde.
Dass ich derzeit arbeitstechnisch in
einer der stressigsten Phasen meines bisherigen Lebens bin, macht die
Sache natürlich nicht besser, da ich kaum mehr einen klaren Kopf
bekommen kann und mich unglaubliche Schuldgefühle gegenüber meiner
Freundin quälen, die ich einfach wieder lieben will ohne dieses
Gefühl zu hinterfragen (und ich weiß doch genau, wie sehr ich für
sie empfinde – nicht mit ihr zusammen zu sein, würde mir gänzlich
meine Lebensfreude rauben, um die es derzeit ja eh schon nicht
sonderlich gut bestellt ist...)
Liebe Grüße und mein Dank bereits
jetzt für eure Beiträge und Meinungen
C.